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Multimodale Schmerztherapie

Schmerz ist nicht nur eine unangenehme Sinneswahrnehmung, sondern auch ein sehr starker Lernimpuls. Bereits in der Kindheit lernen wir auf diese Weise, gefährlichen Situationen auszuweichen - zum Beispiel wenn wir eine heisse Herdplatte berühren. Was passiert aber, wenn jede Bewegung Schmerzen verursacht? Im Prinzip das Gleiche. Wir lernen zu vermeiden. Aus Angst vor Schmerz wird Angst vor Bewegung. Dieses Vermeidungsverhalten führt zum allgemeinen Abbau, Fehlhaltung und weiterer Fehlbelastung am Bewegungsapparat. Bestehen Schmerzen über einen längeren Zeitraum, führen Sie somit zum Anlernen von Vermeidungsverhalten (Fehlhaltung, Schonhaltung, aber auch sozialer Rückzug), und zu komplexen Veränderungen am gesamten Nervensystem. Der Schmerz wird mit der Zeit- unabhängig von der ursprünglichen Ursache- zum eigenständigen Krankheitsbild, welches alle Lebensbereiche eines Menschen beeinflusst. Die multimodale Schmerztherapie dient der Planung und Durchführung von Behandlungen komplexer Schmerzbilder nach dem bio-psycho-sozialen Schmerzmodell- was bedeutet, dass all diese Faktoren berücksichtigt werden.



Bild: Teufelskreis aus Schmerz-Angst vor Bewegung-Schonverhalten-Dekonditionierung.


Unter einer multimodalen Schmerztherapie bei versteht man die gleichzeitige, inhaltlich eng aufeinander abgestimmte Behandlung chronischer Schmerzen durch unterschiedliche therapeutische Disziplinen wie Ärzten, Psychologen/ Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, physikalischer Therapie und weiteren Disziplinen:

Um eine umfassende Schmerzbehandlung zu gewährleisten, besteht unser Team aus Ärzten, Physiotherapeuten, physikalischen Therapeuten, Psychologen, Ergotherapeuten, Trainingstherapeuten und weiteren Disziplinen. Hierbei wird sowohl auf eine Schmerzreduktion, als auch auf Verbesserung der Funktionalität fokussiert.



Bild: Aufbau der multimodalen Schmerztherapie. Ein professionelles Team aus verschiedenen Disziplinen arbeitet mit dem Patienten. Ziel ist dabei eine Verbesserung der Funktionalität (Bewältigung des Alltags, Reintegration ins Berufsleben, usw.) sowie eine Reduktion der Schmerzen.


Zentrales Behandlungsziel ist die Wiederherstellung der objektiven und subjektiven Funktionsfähigkeit (functional restoration) mit Steigerung der Kontrollfähigkeit und des Kompetenzgefühls der Betroffenen, sowie eine Schmerzreduktion.

Übende, schulende sowie entspannende Komponenten wechseln sich hierbei ab. Es handelt sich um eine sehr intensive Behandlung, welche die Aktivität und Motivation des Patienten voraussetzt.

Wann wird eine multimodale Schmerztherapie durchgeführt?

In der Regel erfolgt im Vorfeld der Therapie eine Behandlung beim Hausarzt, Facharzt und oder Physiotherapeuten. Die multimodale Schmerztherapie wird bei Patienten, welche längere Zeit Schmerzen haben, bereits mehrere Vorbehandlungen oder gar Operationen hinter sich haben, eine Einbuße der Lebensqualität, der Beweglichkeit, oder der Arbeitsfähigkeit haben, deren Alltag beeinträchtigt ist, deren Schmerzen sich verstärken oder mehrere Lokalisationen (Schmerzorte) vorhanden sind, die seelisch dadurch beeinträchtigt sind oder einer komplexen medikamentösen Umstellung oder Einstellung bedürfen durchgeführt. Grundsätzlich sollte ein Mensch, der längere Zeit (in der Regel über 3 Monate) an Schmerzen trotz ambulanter Vorbehandlung leidet, einem sogenannten multimodalen Assessment zugefügt werden. Dies ist in Deutschland und in vielen Ländern bereits in die Leitlinien der Behandlung implementiert, z.b. in der Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz. Ein solches Assessment bedeutet, dass ein Patient interdisziplinär gesehen wird und geklärt wird, ob eine multimodale Schmerztherapie für ihn zutrifft. Diese ist eine intensive Maßnahme, welche an die Zusammenarbeit mit dem Patienten gebunden ist. Somit ist ein ausreichendes Sprachverständniss (Übungen, Lernen, Entspannungsverfahren) und ein Mindestmaß an Beweglichkeit (Nordic Walking, Bewegungsbad, Übungen) eine Voraussetzung für diese Behandlungsmethode. Die wichtigste Voraussetzung ist jedoch die Eigenmotivation des Patienten, seinen Schmerz beherrschen zu wollen und etwas dafür zu tun. Da man keine definitive Liste von Zugangskriterien aufstellen sollte, ist es ratsam, Ihren Arzt oder Schmerztherapeuten direkt danach zu fragen, ob eine solche Behandlung für Sie in Frage käme.

Ablauf des multimodalen Schmerzprogramms

Nach entsprechender Terminvereinbarung (welche in der Regel in unserer Sprechstunde stattfindet) erfolgt die Aufnahme auf der Schmerzstation.

Die Aufnahme auf der Station erfolgt grundsätzlich interdisziplinär. Dies bedeutet, dass sie sowohl vom Arzt, als auch vom Psychologen, der Physiotherapie und der physikalischen Therapie hintereinander aufgenommen werden. Da jede von diesen Disziplinen auf einzelne Aspekte ihres Leidens fokussiert, entsteht für uns so ein Gesamtbild, welches wir behandeln können. Die einzelnen Aufnahmen und Termine werden am ersten und zweiten Tag von der Pflegekraft (Schwester) der Station koordiniert.
Jeder Patient erhält zum Zeitpunkt der Aufnahme eine eigene Mappe. In dieser Mappe finden Sie Neben den Informationsblätter und Fragebögen auch einen persönlichen Behandlungsplan, welcher im Verlauf der Therapie modifiziert werden kann. Während manche Termine wie die Visiten, das Walking, sowie Gruppentherapie fest eingeplant sind, werden andere Termine wie zum Beispiel Physiotherapie, Traktionsbehandlung und Individualsitzungen einzeln von dem entsprechenden Therapeuten eingetragen.

Wichtig ist vor allem, dass nicht nur passive Maßnahmen durchgeführt werden, sondern auch aktivierende, Rumpfstabilisierende, Haltung verbessernde sowie Kreislaufverbessernde Maßnahmen durchgeführt werden. Modifikationen der Behandlung (Ablauf der Maßnahmen, deren Aufstellung) werden immer wieder durchgeführt und an den Patienten angepasst. Falls Sie an einer Maßnahme nicht teilnehmen können (zum Beispiel Chlorallergie und Bewegungsbad oder gar Angst vor Bädern), bitten wir Sie, uns dies mitzuteilen. Dies soll jedoch nicht dazu führen, dass aus Angst vor Bewegung alle aktiven Maßnahmen gestrichen werden. Wir wollen Ihnen langfristig helfen, sind aber auf Ihre Aktivität und Teilnahme angewiesen. Während des Aufenthaltes erfolgt mindestans zweimal täglich dies ärztliche Visite. Für diese ist ein separates Zimmer vorgesehen, um eine angenehme Atmosphäre zu haben und bei vertraulichen Gesprächen ihre Intimsphäre zu wahren. Hier kann auf Probleme eingegangen, aber auch Medikamente besprochen werden und nach Lösungen gemeinsam gesucht werden. Die Behandlung ist aufwendig und intensiv, sodass der Patient mehrere Anwendungen wie Gymnastik, Walking, Gerätetraining oder Bewegungsbad hat. Alle an der Behandlung beteiligten Personen kennen den Patienten und tauschen sich auch intensiv aus. Gemeinsam mit dem Patienten wird ein individuelles Behandlungskonzept erarbeitet und über die gesamte Behandlung verfolgt.

Ziele der Schmerztherapie

Ziel der Schmerztherapie richtet sich nach dem Krankheitsbild und der Beeinträchtigung des Patienten. Neben einer Schmerzlinderung stehen Faktoren wie Verbesserung der Lebensqualität, des Alltagslebens, des Schlafes, der Mobilität und des Umgang mit Schmerzen im Vordergrund.

Wann sollte keine multimodale Schmerztherapie durchgeführt werden?

Es gibt nur wenige Konstellationen, bei denen eine multimodale Schmerztherapie nicht erfolgsversprechend ist: Hierzu gehört neben mangelnder Sprachkentniss die fehlende Motivation und sehr schlechter Allgemeinzustand. Solche Patienten werden entweder ambulant oder akut stationär behandelt, aber nicht multimodal, da diese Therapieform das Folgen und Verinnenrlichen von Übungen, Anleitungen und Verfahren sowie körperliche Aktivität voraussetzt. Auch hier gilt: Es ist ratsam, sich im Vorfeld bei Ihrem Arzt oder Schmerztherapeuten zu informieren.